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  • AutorenbildMichaela Hocek

Wenn der Wald ruft...

…dann sollte man gut hinhören. Denn das vielfältige Ökosystem macht unseren Planeten durch die Symbiose von Mikroorganismen, kleinsten und größeren Lebewesen, Pilzen, Moosen, Sträuchern und Bäumen lebenswert. Und da sprechen wir über weit mehr als die Produktion von Sauerstoff.

Mensch und Baum sind ein Paar, dass sich besser ewige Treue und Respekt schwören sollte. Denn seit Urzeiten bieten uns Bäume und Wälder Schutz, Aussicht, Erholung und Nahrung. Neu in den Fokus gerückt ist auch die Forschung, wie Pflanzen untereinander kommunizieren und sich gegenseitig mit Nährstoffen versorgen, wenn beispielsweise Schädlinge angreifen oder Jungbäume zu stärken sind. Vereinfacht gesagt ist ein komplexes unterirdisches Netzwerk aus Wurzelystemen und Fadengeflechten von diversen Pilzarten dafür verantwortlich. Selbst Schallsignale werden ausgesendet. Doch wie so oft, ist der Mensch als natürlicher Feind von Fauna und Flora auch in Bezug auf den Wald in vielerlei Hinsicht auszumachen, der vor allem durch rücksichtslose Ökonomie die weltweiten Waldbestände bedrohlich dezimiert.


Bereits alles zu spät?

Nein, wie Aussagen von Experten wie Dr. Hannes Böttcher, Experte für Klimaschutz im Landnutzungssektor des deutschen Öko-Instituts zeigen: „Nach unseren Berechnungen können Wälder die geforderte Klimaschutzleistung in Deutschland erbringen, wenn sie nachhaltig bewirtschaftet und wenn weitere Maßnahmen zum Schutz und zur Wiedervernässung der Moore oder beim Humusaufbau in der Landwirtschaft ergriffen werden“. Obwohl die Holzernte hierzulande in den letzten drei Jahren, vor allem dadurch, dass besonders viele Bäume durch Sturm, Trockenheit und Borkenkäfer abstarben und entnommen werden mussten, anstieg, wirken Klimaschutzmaßnahmen dem drohenden Ungleichgewicht vielerorts entgegen. Und das ist gut so, weil nicht vergessen werden sollte, dass Wälder viel mehr als Holzlieferanten sind. Als immens effiziente Speicher von Treibhausgasen, CO2-Senken, Sauerstoffproduzenten und Regulatoren des Wasserhaushalts sind sie in der Lage, den Klimawandel positiv zu beeinflussen. Außerdem sind sie weltweit Heimat für eine bis heute nicht zur Gänze erforschte Artenvielfalt.


Verantwortung übernehmen

Es ist also tunlichst danach zu trachten, die Rodung von Tropenwäldern zugunsten von Monokulturen wie Palmöl oder Soja, der Flächenbeschaffung für Rinderweiden oder der Möbel- und Papierproduktion zu verhindern. Denn dafür wurden z.B. im Jahr 2020 laut Global Forest Watch über zwölf Milliarden Hektar vergeudet. Wird die globale Entwaldung nicht gestoppt, wird die Einhaltung des 2015 in Paris beschlossenen Ziels, den Temperaturanstieg deutlich unter zwei Grad Celsius zu halten, in weite Ferne rücken. Zudem gilt es, sich Strategien für Borkenkäfer-Befall und das Nachpflanzen an veränderte Klimaverhältnisse angepasster Baumarten zu überlegen. Jedes Land sollte sich der Wiederaufforstung, der Schadensbegrenzung und dem Waldschutz widmen und es tut sich auch einiges. Wichtig ist dabei immer zu bedenken, dass nachhaltige Waldpflege nur dann funktioniert, wenn mit dort ansässigen Menschen zusammengearbeitet wird.


Wenig sinnvoll sind beispielsweise rein ökonomisch orientierte Monokulturen und Plantagen, die nach einiger Zeit wieder abgeholzt werden. Wichtig wäre auch die internationale Zusammenarbeit, die sich in Zeiten von Big Data über Open-Access-Daten auf Zahlen und Fakten von z.B. Global Forest Watch, OpenForis und Geo-Wiki stützen können. Spannend bleibt es auch, ob die in Artikel 13 des Pariser Klimaschutzabkommens beschlossenen Transparenzberichte zu landnutzungsbezogenen Klimaschutzverpflichtungen im Zwei-Jahres-Rhythmus Realität werden. Zielhorizont war hier das Jahr 2024.


Drei Ansätze zur Erhaltung der Biodiversität im Wald


Vorab Grundsätzliches: Unter Biodiversität versteht man die Vielfalt an Ökosystemen, Arten und Genen sowie deren Wechselwirkungen.

  • Einrichtung von Waldreservaten mit starkem Fokus auf Biodiversität (Segregation)

  • Integration in die Waldbewirtschaftung durch Altholzinseln und den Verbleib von Biotopbäumen und Naturverjüngung etc.

  • Spezifische Fördermaßnahmen für national prioritäre Arten und Lebensräume in- und außerhalb von Waldreservaten (z.B. Feuchtbiotope, Waldrand)


Positive Ansätze

In Afrika zeigt sich mit der Initiative „Große grüne Mauer“, die den Klimawandel durch die Eindämmung der Ausbreitung der Sahara verhindern und grüne Flächen und produktive Landschaft im Gebiet Nordafrika, Sahelzone und Horn von Afrika schaffen will, ein ambitioniertes Projekt. Einen positiven Trend setzen auch Start-ups, etablierte Unternehmen oder Fluggesellschaften, die Bäume als CO2-Ausgleich pflanzen. Wobei hier das Thema Transparenz noch ausbaufähig ist und manchmal sogar kontraproduktive Effekte im Naturschutz zu befürchten sind. Der weitere Ausbau von FSC- und PEFC-zertifizierten Wäldern ist ebenfalls eine begrüßenswerte Initiative vieler Länder, denn sie gewährleistet international vergleichbare Kriterien hinsichtlich sozialer, ökologischer und ökonomischer Waldbewirtschaftungsfaktoren sowie diverser Biodiversitätsstrategien. Nachhaltige Fördermodelle in Deutschland und Österreich nehmen zudem die privaten Waldeigentümer, Kommunen und Gemeinden in die Pflicht, durch eine an der Naturnähe ausgerichteten Waldbewirtschaftung ihrer Verantwortung für nachfolgende Generationen gerecht zu werden. Möglicherweise werden in den nächsten Jahren Anreize geschaffen, die Biodiversitätsleistung zu honorieren. Wir finden, das wäre ein positives Signal und aussichtsreiches Lenkungsinstrument für eine waldreiche Zukunft.



Kunterbunte Waldhäppchen

  • Wofür steht das PEFC-Zertifikat? - PEFC ist die Abkürzung von „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes“. Es steht für nachhaltige Waldbewirtschaftung und Holzverarbeitung und eine aktive und klimafitte Werschöpfungskette von Produkten aus Holz. Das Ziel ist, Konsumenten und Unternehmen, die ökonomisch, ökologisch und sozial bewusst handeln sowie die Funktionsvielfalt des Waldes (z.B. Wirtschaftsnutzen, Schutz und Erholung) für Nachfolgegenerationen aufrechterhalten möchten, zusammenzuführen.

  • Was bedeutet FSC-zertifiziert? - FSC steht für „Forest Stewardship Council“. Möbel, Spielzeuge, Bücher, Papierwaren etc., die mit diesem Siegel ausgezeichnet wurden, stammen aus Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden. Das internationale Zertifizierungssystem enthält zehn weltweit gültige Prinzipien nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten. So ist ein FSC-zertifizierter Wald beispielsweise frei von genetisch veränderten Pflanzen und es wird auf den langfristigen Erhalt und die ökologische Verbesserung geachtet. Negative Umweltauswirkungen werden vermieden, behoben oder abgeschwächt. Die Rechte der im Wald lebenden Menschen (u.a. indigene Völker) werden geschützt. Die im Forstbetrieb Beschäftigten werden sozial und wirtschaftlich gerecht behandelt. Wer dieses Holz kauft, kann sich darauf verlassen, dass es nicht aus illegalen Einschlägen oder Raubbau stammt.

  • Intakte Waldgemeinschaften - Hier sind Bäume aller Generationen vereint. Sterbende Bäume und Totholz am Boden sind Lebensraum und Nahrungsquelle für Pilze, Insekten, Vögel. Je weniger forstwirtschaftliche Nutzung, desto besser für die Speicherung von klimaschützendem Kohlendioxid. Laut WWF sind weltweit nur noch etwa ein Fünftel der Wälder dieser Sparte zuzurechnen.

  • Waldstrategie 2020 - Als Antwort auf die steigenden Holznachfrage in Deutschland formulierte die Bundesregierung das Ziel, den Wald als CO2-Senke zu erhalten und dazu die Holzernte maximal bis zum durchschnittlichen jährlichen Zuwachs zu steigern.

  • Shinrin yoku - Die Naturheilmethode des Waldbadens ist in Japan Teil der Gesundheitsvorsorge. Die im Wald absorbierten Botenstoffe, Terpene, wirken sich positiv auf das Nervensystem, die Psyche und das Immunsystem aus. Auch in unseren Breiten wird das Waldbaden als Ergänzung zu medizinischer Behandlung immer öfter eingesetzt, um Stress zu lindern, den Blutdruck und die Herzfrequenz zu senken sowie um Atemprobleme und Lungenkrankheiten zu lindern.

  • Wald & Sprache - Machen wir uns kurz bewusst, in wie vielen Redewendungen der Wald sich bemerkbar macht. Auch wenn wir ihn nicht regelmäßig besuchen, ist er fixer Sprachbegleiter: Es gefällt uns, an einem Ort „tief verwurzelt“ zu sein. Wir sind ausgeglichen, wenn wir „in uns ruhen“. Geht es uns gut, könnten wir „Bäume ausreißen“. Entdecken wir Spannendes, wollen wir uns „neu entfalten“. Starten wir Projekte, freuen wir uns, wenn sie „Früchte tragen“. „Aufkeimendes“ Interesse oder Ideen, die „auf fruchtbaren Boden fallen“, sind nicht selten der Beginn glücklicher (Geschäfts-)Beziehungen. Sind wir verzweifelt oder stehen vor schier unlösbaren Problemen, „sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht“. Erkennen wir uns in unseren Kindern wieder, ist klar, warum „der Apfel nicht weit vom Stamm fällt“. Eine alte Lebensweisheit besagt, dass man besser „nicht an dem Ast sägt, auf dem man sitzt.“

Buch-Tipp: Das 192 Seiten starke Werk „Spür den Wald“ von Gerda Holzmann widmet sich dem Wald aus jeder erdenklichen Richtung. Mythologische Aspekte, ein Baumlexikon und Waldknigge sind ebenso enthalten wie die Vorzüge für Körper und Geist des Waldbadens, Waldspaziergängen und Bushcraftings (Unterschlupf bauen, Lagerfeuer, Wasserquellen aufspüren & Co.) mit praktischen Anleitungen, wie man es richtig anstellt. Rezepten für die Herstellung von Freiluft-Mahlzeiten und natürlichen Heilmitteln aus Waldpflanzen ist ebenfalls ein ausführlicher Teil gewidmet. Verlag Löwenzahn, ISBN 978-3-7066-2678-1

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