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AutorenbildMichaela Hocek

Veganes Leder: Alternative Materialien mit pflanzlichem Ursprung

Konzentrieren wir uns auf alternative Materialien pflanzlichen Ursprungs zu tierischem Leder: Es hat den großen Vorteil, dass meist keine zusätzlichen Ressourcen aufgewendet werden müssen, um es zu produzieren. Weiterverarbeitet werden Abfallstoffe des Anbaus von Obst, Wein, Kork und Pilzen, die nicht nur den ökologischen Fußabdruck positiv beeinflussen, sondern sich auch toll und vertraut anfühlen.



Im Gegensatz zur tierischen Lederproduktion, die im Zuge des Gerbens beinahe immer mit einem hohen Einsatz von Chemikalien und giftigen Schwermetallen einhergeht, ist veganes Leder frei von diesen Schadstoffen. Auch der hohe Wasserverbrauch für die Aufzucht der Tiere und Bereitstellung der nötigen Futtermittel entfällt. Hinzu kommen oft schlechte Arbeitsbedingungen der Menschen, die in der Tierlederproduktion beschäftig sind, und erschwerte Kontrollmöglichkeiten aufgrund weitverzweigter Lieferketten, die die Herkunft und möglicherweise eingesetzten Giftstoffe nicht eindeutig zuordenbar machen. Das Argument, dass tierisches Leder ein Nebenprodukt der Fleischindustrie ist, steht häufig zurecht in der Kritik, weil der hohe Bedarf die Massentierhaltung unabhängig vom Fleischkonsum antreibt. Und auch bei exotischen Tieren wie Schlangen, Krokodilen und Echsen ist die Haltung auf Zuchtfarmen alles andere als artgerecht, bis sie letztendlich nach qualvollem Dasein getötet werden. Beispielsweise durch Aufpumpen mit Luft, damit sich die Haut leichter vom Körper löst. Außerdem führt die Nachfrage nach exotischem Leder immer wieder zur Gefahr des Aussterbens bedrohter Tierarten. Im Vergleich zu billig produziertem Kunstleder aus Textilgeweben mit hohen Anteilen von PVC (Polyvinylchlorid), PU (Polyurethan) oder Polyester, die der fossilen Erdölproduktion entspringen, hat veganes Leder aus Pflanzen den großen Vorteil der weit höheren Umweltverträglichkeit.


Innovative Zusatzverwertung


Sehen wir uns fünf der alternativen Ledersorten veganen Ursprungs an, die hohes Potenzial haben, die Welt der Mode, Accessoires oder auch der Autoindustrie nachhaltig zu verändern. Den Anfang macht Apfelleder, das eine der am häufigsten verwendeten Alternative zu tierischem Leder ist. Der Trester von Äpfeln, also die Überreste der Saftproduktion, bildet die Basis für das umweltschonende Material. Die Apfelschalen, Kerne, Stängel und Fasern werden getrocknet, pulverisiert und gemeinsam mit Farbpigmenten auf Stoffbahnen appliziert. Es besteht die Möglichkeit, mittels Prägungen Strukturen, die man von Tierhäuten kennt, einzuarbeiten. Aus der Reinigung und Erhitzung des Pflanzenleders ergibt sich die technische Ähnlichkeit der Eigenschaften, aber auch haptisch und optisch sind kaum Unterschiede feststellbar.



Auch Piñatex – Ananasleder – ist schon länger bekannt. Erfunden wurde es von Carmen Hijosa, die mit 63 Jahren 2013 ihr Start-up „Ananas Anam“ gründete, weil sie die Arbeitsbedingungen und Umweltauswirkungen der Lederindustrie auf den Philippen nicht länger mit ihrem Gewissen vereinbaren konnte. Sieben Jahre dauerte die Entwicklung der starken und flexiblen Ananasblätter zum Material, das bei der Ananaszucht anfällt und daher keine gesonderten Wasser- oder Energieressourcen beansprucht. Zudem eröffnet sich den Bauern vor Ort eine zusätzliche Einnahmequelle. Mittlerweile kommt es bei Schuhen, Taschen, Kleidung und Möbelstücken zum Einsatz.


Nur ein Jahr später begann der Siegeszug von Weinleder mit einem Forschungsprojekt an der Universität von Florenz, das 2016 in der Patentanmeldung zum Herstellungsverfahren durch den Architekten und Möbeldesigner Gianpiero Tessitore gipfelte. Der Gründer der Firma Vegea schaffte es gemeinsam mit dem Umwelttechniker der Uni, Francesco Merlino, aus dem Weintreber veganes Leder ohne synthetische Stoffe herzustellen. Heute können aus einigen Milliarden Tonnen Traubenschalen, Kernen und Stielen, die bei der Weinproduktion übrigbleiben, als nachhaltiges Produkt ihre Wiederverwendung finden.


Die Herstellung von Pilzleder kann man sich vom Prinzip her ähnlich wie das Schöpfen von Papier vorstellen. Die Pilze werden mit Wasser in einem Mixer püriert. Danach wird die Masse abgeschöpft, in Form gepresst und getrocknet. Verwendet wird das Mycel, die dichten Wurzelfasern, die unter der Erde wachsen und viel größer sind, als der Fruchtkörper, den man an der Oberfläche sieht. In den bayrischen Wäldern wird dafür z. B. Zunderschwamm geerntet. Die Rohstoffe für die Alternativlederproduktion wachsen aber auch, konstante Temperaturverhältnisse vorausgesetzt, auf landwirtschaftlichen Abfällen wie Sägemehl oder Maisschalen. Licht ist nicht unbedingt nötig. Das Endergebnis ist ein samtig-weiches Material, das wasserabweisend, reißfest und atmungsaktiv ist.



Aus der Rinde mexikanischer Nopal-Kakteen, die wenig Wasser benötigen, wird ein Fasermaterial gewonnen. In Kombination mit dem schleimigen Teil aus Pflanzenzellulose und Epoxidharz wird es zu einem stabilen Verbundwerkstoff, der auf ein Trägermaterial aus Baumwolle aufgetragen wird. Auf giftige Chemikalien, wie sie beim Gerben von Tierleder eingesetzt werden, kann wie auch bei allen anderen veganen Ledersorten, verzichtet werden. Für diese Ledersorte werden im Gegensatz zu vielen anderen veganen Variationen keine Abfallprodukte verwendet, sondern die Pflanzen speziell dafür angebaut.


Neues aus pflanzlichen Abfällen


Das Ende der Innovationslust ist hier mit Sicherheit noch nicht erreicht und auch die hier ausführlicher Beschriebenen sind längst nicht die einzigen Protagonisten an veganen Ledersorten. Weitere bereits etablierte Materialien gibt es aus Kork, Teakblättern, Kombucha, Mango, Bananen, Eukalyptus und Kaffee. Sie alle bieten die Möglichkeit, mit einem geringen ökologischen Fußabdruck, seinen persönlichen Stil zu unterstreichen.

 

Nachhaltig leben hat zwei innovative Unternehmen nach ihren Erfahrungen mit veganem Leder gefragt.


Alfred Riedl | Eigentümer und Geschäftsführer von Jacques Lemans


Die nach eigenen Angaben nachhaltigste Uhrenkollektion der Welt wurde in diesem Jahr gelauncht. Die Marke möchte ihren ökologischen Beitrag mit dem veganen Appleskin-Armband leisten. Damit setzt der innovative Unternehmer, der Jacques Lemans 1977 gründete, einen Meilenstein in der Uhrenbranche.


Warum haben Sie sich bei der „Eco Power – Solar“ für veganes Leder entschieden?


Uns von Jacques Lemans war es ein Anliegen zu zeigen, dass die Uhrenbranche auch seinen Teil zur Nachhaltigkeit beitragen kann. Mit diesem Gedanken wurde die „Eco Power – Solar Collection“ geboren. Die Idee hinter der Kollektion ist es, so nachhaltig und umweltbewusst wie möglich stilbewusste Uhren zu produzieren. Durch fortschrittliche Solartechnologie anstelle von umweltbelastenden Batterien werden die Uhren sowohl von Tageslicht als auch natürlichen Lichtquellen aufgeladen. Darüber hinaus ist durch die Dunkelgangreserve Präzision in der Zeitanzeige bis zu 120 Tage gegeben. So war schnell klar, dass herkömmliches Leder für diese besonderen Produkte nicht infrage kommen kann.


Nach einer langen Entwicklungsphase haben wir dann das nachhaltige Apfelleder gelauncht. Hierbei handelt es sich um ein vollkommen veganes Produkt, das aus Apfelschalen hergestellt wird und das zu 100 Prozent biologisch abbaubar ist. Diese Faktoren waren entscheidend, dass die besonderen „Eco Power“-Uhren mit diesem innovativen und nachhaltigen Material hergestellt werden.


Die „Eco Power – Solar“ von Jacques Lemans ist mit seinem Solarmodul, dass über eine Ganggenauigkeit von bis zu vier Monaten verfügt und dem Armband aus Apfelleder ein Vorzeigemodell umweltfreundlicher Zeitmesser

Woher kommt das vegane Leder für die Uhren? Woraus besteht es genau und wie lässt es sich verarbeiten?


Das vegane Apfelleder, das Jacques Lemans für die Uhren verwendet, kommt aus Italien, wo es auch produziert wird. Das Material besteht aus Apfelschalen, die bei der Herstellung von Apfelsaft zurückbleiben. Somit wird ein Nebenprodukt weiterverarbeitet, dass sich ähnlich wie herkömmliches Leder verarbeiten lässt.


Wie reagieren die Kunden auf die „Eco Power – Solar“?


Das Feedback unserer Kunden ist besonders positiv. Das Band aus Apfelleder ist durch das Material nicht nur außergewöhnlich schön, sondern auch angenehm zu tragen. Es schmiegt sich perfekt ans Handgelenk an und fällt so im Alltag überhaupt nicht auf, weil die Uhr auch sehr leicht ist. Somit ist das Material nicht nur vegan und biologisch abbaubar, sondern hat auch einen hohen Tragekomfort und fühlt sich geschmeidig auf der Haut an.


Wie verhält sich veganes Leder in Bezug auf Langlebigkeit im Vergleich zu konventionellem Leder?


Die Lederalternative aus Äpfeln hat ähnliche Eigenschaften wie herkömmliche Lederprodukte. Da das Material auch in der noblen Taschen- und Schuhindustrie zum Einsatz kommt, kann man vom Apfelleder dieselbe Langlebigkeit wie von Leder aus Tierhaut erwarten.

 

Simone Weiß | Gründerin von Quai 7


Seit 2019 bietet die Designerin und dreifache Mutter, die vor der Labelgründung als Architektin tätig war, multifunktionale und nachhaltige Accessoires an. Mit dem Ziel, schnellen Zugriff auf das Wesentliche zu haben – täglich benötigte Mikroarchitektur in hoher Qualität.


Warum haben Sie sich für die Taschenproduktion mit veganem Leder entschieden?


Zum einen führen wir das vegane Leder, weil ich selbst schon seit meiner frühen Kindheit bewusst vegetarisch lebe und zum anderen, weil es inzwischen eine wachsende Zahl an Kunden gibt, die sich für eine vegetarische oder sogar vegane Lebensweise entschieden haben.


Das Schöne an veganem Leder ist ja, dass man alle möglichen Prägungen fertigen kann, selbst Krokodilleder kann man nachahmen, ohne dass man dafür ein Krokodil züchten und töten muss. Unterschiede würde man nicht wirklich erkennen. Außerdem sind wir aufgeschlossen für neue Materialien, sofern sie umweltschonend und wirklich hochwertig sind.



Woher kommt das vegane Leder?


Wir erhalten unser Apfelleder aus Italien. Dort gibt es ja in Südtirol diese scheinbar endlosen Obstplantagen und dementsprechend viele Apfelschalen fallen bei der Saftproduktion als Abfallprodukt jährlich an. Eine großartige Grundlage, um daraus eine echte Lederalternative zu fertigen.


Verwenden Sie ausschließlich Apfelleder oder auch andere Varianten?


Aktuell bereiten wir noch einen Business-Rucksack aus Weinleder, gemeinsam mit einer Künstlerin aus New York, vor. Mehr will ich aber noch nicht verraten – nur soviel: Das Weinleder hat uns ebenfalls absolut überzeugt. Es steht optisch und haptisch dem echten Leder in nichts nach.


Wo liegen die Unterschiede in der Verarbeitung?


Hier gibt es eigentlich keine. Unser Atelier ist jedes Mal selbst begeistert von diesen Materialien.


Wie verhält sich veganes Leder punkto Langlebigkeit im Vergleich zu konventionellem Leder?


Ganz generell kann man sagen, dass es in die Kategorie Kunstleder fällt und deshalb weniger strapazierfähig ist als hochwertige Ledersorten. Aber bei den veganen Alternativen gibt es natürlich auch Unterschiede in der Qualität. Wir testen deshalb ständig neue Materialien und nehmen nur diejenigen in unsere Kollektion auf, die uns wirklich überzeugen.


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