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AutorenbildMichael Derbort

Wissenswertes rund um den Nutri-Score

Der Nutri-Score, oder auch auf Deutsch „Lebensmittelampel“ genannt, wurde als verbraucherfreundliches Siegel eingeführt, das ermöglichen soll, schneller ungesunde Lebensmittel zu erkennen. Verpflichtend ist die Anbringung für die Industrie noch nicht – aber immer mehr Hersteller, drucken diese Informationen freiwillig auf ihre Packungen. Alles über dieses System, über seine Stärken und Schwächen erörtern wir hier.



Geschichte und Allgemeines


Das Nutri-Score-System wurde im Jahr 2016 von den französischen Gesundheitsbehörden ins Leben gerufen, Ernährungswissenschaftler aus Frankreich und Großbritannien lieferten die Grundlage. Ziel war, eine übersichtliche Nährwertbewertung für Lebensmittel zu schaffen. Grundlage für die Berechnung ist ein Punktesystem, das sich aus bestimmten Nährwerten errechnet.

Dargestellt wird das Ergebnis letztlich grafisch ähnlich einer Ampel, was diesem System wohl den Namen „Lebensmittelampel“ eingebrockt hat. Dies erfolgt in fünf Stufen von A bis E, wobei A der beste und E der schlechteste Wert ist.


Alle hierbei fraglichen Nährwerte befinden sich übrigens auf jeder Lebensmittelverpackung, diese müssen verpflichtend angegeben werden. Wenn Hersteller aus welchen Gründen auch immer keinen Nutri-Score angeben möchten, können Sie diesen aufgrund dieser Informationen leicht selbst errechnen. Nutri-Score-Rechner finden Sie im Internet, etwa unter


Keine Experten


Mit dem Nutri-Score ist es einfacher, gesunde Lebensmittel von ungesunden zu unterscheiden. Insofern handelt es sich dabei um einen tatsächlichen Zugewinn für den Verbraucher. Allerdings ist davor zu warnen, dieses Ampelsystem zu überschätzen. Einige Erwartungen sind nämlich überhöht.

Der erste Denkfehler besteht darin, zu glauben, dass jede Nutri-Score-Bewertung von Experten vorgenommen wurde. Das ist falsch – wie bereits oben erwähnt, handelt es sich um einen Algorithmus, auf dessen Grundlage die Einstufung vorgenommen wird. Für jene, die es ganz genau wissen möchten, gibt es etwa bei der Verbraucherzentrale Hamburg eine sehr ausführliche Erklärung, wie sich ein solcher Wert errechnet – zu finden unter bit.ly/nutriscore_frage.


Nicht alle Inhaltsstoffe


Bei der Bewertung ist außerdem zu berücksichtigen, dass bei weitem nicht alle Inhaltsstoffe berücksichtigt werden. Ab einem gewissen Punkt ist dann wieder das kritische Auge des Verbrauchers gefragt. Zusatzstoffe wie beispielsweise Konservierungsstoffe, künstliche Aromen oder Farbstoffe werden, obgleich teilweise als ungesund eingestuft, in dieser Ampel nicht mit bewertet. Diese sind, wenn deklarationspflichtig in der Zutatenliste aufgeführt, die sich auf den Verpackungen im Kleingedruckten verbirgt.


Portionsgröße


Grundlage für eine Einstufung in der Lebensmittelampel ist nicht etwa eine beliebige Portion – ganz genau bezieht sich der ermittelte Wert auf 100 Gramm – die Kenngröße, die auch für die verpflichtende Nährwerttabelle gilt. Wenn Sie es also mit den Portionsgrößen allzu gut meinen, kann es auch passieren, dass die tatsächliche Einstufung verrutscht. Aufgenommene Zuckermengen sind nun mal absolut und der Tagesbedarf ändert sich aufgrund dessen nicht.


Nicht für alle Lebensmittel


Insgesamt funktioniert der Nutri-Score bei verarbeiteten Lebensmitteln, ab einer gewissen Komplexität – englisch auch „High Processed Food“ genannt. Unverarbeitete Lebensmittel wie Obst oder Gemüse sowie Produkte, die nur aus einer Zutat bestehen (hier Olivenöl als Beispiel) kommen für die Lebensmittelampel nicht infrage. Auch alkoholhaltige Getränke sind hiervon ausgeschlossen.


Stand der Wissenschaft


Der Nutri-Score hat inzwischen ein paar Jahre auf dem Buckel. In der Zwischenzeit haben sich einige Erkenntnisse der Ernährungswissenschaftler überholt. Der Gedanke, dass Fette schlecht und Kohlenhydrate eher förderlich seien, erweist sich als antiquiert. Auch eine rein dualistische Einordnung verbietet sich. Zum Einen kommt es darauf an, welche Fette wir uns eintrichtern und ob wir nur leere Kohlenhydrate zu uns nehmen und zum Zweiten macht bekanntlich die Dosis das Gift. Dies zwingt in der Summe zu einer differenzierten Betrachtungsweise, die durch den Algorithmus der Lebensmittelampel nicht unbedingt berücksichtigt wird.



Negative und positive Zutaten


Spannend bei der Bewertung des Nutri-Scores ist hingegen die Einteilung in negative und positive Werte. Negative Werte entstehen durch den Anteil an Fett, Zucker, Natrium und an der Energie in Kilojoule gemessen. Je höher diese Anteile sind, desto mehr Punkte gibt es.


Positive Zutaten sind Ballaststoffe, Proteine, Gemüse, Hülsenfrüchte, Schalenfrüchte, Raps-, Walnuss- und Olivenöl. Hierfür gibt es folglich Punktabzug. Je niedriger die Gesamtpunktzahl letztlich ist, desto besser ist der Nutri-Score.


Zuteilung negativer Punkte (N) pro 100 g

Punkte

Energie (kJ)

Zucker (g)

Gesättigte Fettsäuren (g)

Natrium (mg)

0

≤ 335

≤ 4,5

≤ 1

​≤ 90

1

> 335

> 4,5

>1

> 90

2

> 670

> 9​

> 2

> 180

3

>1005

> 13,5

> 3

> 270

4

>1340

> 18

> 4

> 360

5

>1675

> 22,5

> 5

> 450

6

> 2010

> 27

> 6

> 540

7

> 2345

> 31

> 7

> 630

8

> 2680

> 36

> 8

> 720

9

> 3015

> 40

> 9

> 810

10

> 3350

> 45

> 10

> 900

Zuteilung postiver Punkte (N) pro 100 g

Punkte

Gemüse, Hülsenfrüchte, Schalenfrüchte, Raps-, Walnuss- und Olivenöl (%)

Ballaststoffe (g)

Protein (g)

0

≤ 40

≤ 0,9

≤ 1,6

1

> 40

> 0,9

>1,6

2

> 60

> 1,9

> 3,2

3

> 2,8

> 4,8

4

> 3,7

> 6,4

​5

> 80

> 4,7

> 8,0

Punktezahlen der Stufen

Lebensmittel

Getränke

​A

-15 bis -1

Wasser

B

+0 bis +2

-20 bis +1

C

+3 bis +10

+2 bis +5

D

+11 bis +18

+6 bis +9

E

+19 bis +40

+10 bis +40

Mögliche Änderungen


Im Jahr 2022 wurde ein Aktualisierungsbericht des wissenschaftlichen Gremiums vorgelegt, das Anpassungen bei der Bewertung bestimmter Zucker-, Salz-, Ballaststoff- und Proteinkomponenten empfiehlt. Darüber hinaus sollten auch Anteile von Gemüse und Schalenfrüchten neu bewertet werden. Hier ist also zu erwarten, dass sich das System mit der Zeit an die neuesten Erkenntnisse anpassen könnte, sodass sich Teile der oben genannten Einschränkungen egalisieren könnten.


Fazit


Der Nutri-Score ist sicherlich kein Allheilmittel und für Kritiker ein weiteres Siegel inmitten unzähliger anderer Lebensmittelsiegel von oft fragwürdiger Herkunft. Allerdings liefert die Lebensmittelampel eine durchaus sinnvolle Orientierungshilfe – gerade, wenn es darum geht, beispielsweise versteckten Zucker zu erkennen. Der befindet sich nicht selten in Produkten, in denen wir es gar nicht erwarten. Werfen Sie ruhig mal einen verträumten Blick auf die Zutatenliste einer Ketchup-Flasche oder auf einem Glas eingelegter Gurken. Auch darüber hinaus liefert dieses System einen guten Überblick über den Ernährungswert verarbeiteter Produkte. Ein zusätzlicher kritischer Blick beim Kauf wird damit allerdings nicht obsolet.


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