Tabuthema Tod: Auseinandersetzung mit der Nachhaltigkeit des Sterbens
- Michaela Hocek
- 17. März
- 4 Min. Lesezeit
Was auf den ersten Blick doppeldeutig ironisch klingen mag, kristallisiert sich als wichtiges Kapitel des Lebens heraus, das häufig mit Angst besetzt ist – was sich als unnötig herausstellt, sofern man sich zur richtigen Zeit damit beschäftigt.
Wir tun es nicht gerne. Sowohl die eigene Endlichkeit als auch jene von Familie und Freunden ebenso wie die Emotionen rund um die mitunter quälende Unsicherheit, was während dem Sterbeprozess bzw. nach dem Tod passiert, sind Themen, mit denen wir uns nicht gerne konfrontieren. Warum eigentlich? Noch vor nicht allzu langer Zeit war der Tod weitaus präsenter in der Gesellschaft vertreten. Sterbenskranke Menschen wurden von Angehörigen oder Vertrauenspersonen in den Tod begleitet und Verstorbene zuhause aufgebahrt oder in offenen Särgen verabschiedet. Heute läuft das Dahinscheiden meist anonymer und unsichtbarer – in Spitälern oder auf Pflegestationen durch ausgebildetes Personal – ab, wodurch Verantwortung abgegeben werden konnte, es aber gleichzeitig zum Tabuthema wurde. Täte uns allen die Rückkehr zu mehr Alltäglichkeit rund um den Tod nicht gut? Schließlich gehen wir ab dem Tag unserer Geburt darauf zu.
Rituale helfen
Durch die Wiederentdeckung oder Neuinterpretation von Ritualen stellt sich langsam wieder ein offenerer Zugang ein. Es ergeben sich interdisziplinäre Prozesse und viele verschiedene Akteure sind beteiligt. So ermöglichen Hospize und mobile Hospiz-Dienste einen „menschlichen letzten Weg“ für die Betroffenen sowie An- und Zugehörige. Durch Baumbestattungen oder individuelle Zeremonien werden neue Möglichkeiten abseits traditioneller Begräbnisse und Gräberkultur eröffnet. Der Wunsch nach individuellen Reden von Bestatter:innen und Trauerredner:innen oder die kreative oder therapeutische Arbeit mit Trauerbegleiter:innen und (Notfall-)Seelsorger:innen wird öfters laut ausgesprochen, was durchaus heilsam und tröstend für die Hinterbliebenen ist. Es kann erleichternd sein, gemeinsam einen Sarg zu gestalten, einen Handabdruck zu gießen oder eine Urne zu bemalen. Niemand sollte darunter leiden, nicht alleine mit seiner Trauer fertig zu werden, nur weil er denkt oder gesagt bekommt: „Das gehört nun mal zum Leben dazu, akzeptiere es endlich. Schau nach vorne.“ Wie lange man trauert, ist ein ganz individueller und nicht vorhersagbarer oder wissenschaftlich determinierter Zeitraum. Das traditionelle Trauerjahr mag seit jeher seine Berechtigung haben, aber Garantie, dass danach alles gut ist, gibt es ebenso wenig wie es dienlich ist, sich über viele Jahre nicht mit der Situation, einen geliebten Menschen verloren zu haben, abfinden zu können.
Am Puls der Zeit
Zudem hält die Nachhaltigkeit mit Innovationen wie kompostierbaren Särgen und Urnen etc. Einzug in den Sterbeprozess, was uns als Redaktion auf dieses Thema aufmerksam werden ließ. Und zugegeben, die „moderne“ Auseinandersetzung mit dem Tod hat uns in ihrer Komplexität überrascht, weil auch wir uns selten freiwillig damit konfrontieren. Wir hoffen, Sie teilen den Mut zu dieser Entscheidung. Denn Tabus sind dazu da, um sie aufzubrechen.
Kompostierbarer Sarg - In 45 Tagen biologisch abgebaut
Der wasserfeste „Loop Living Cocoon“ wächst innerhalb einer Woche in einer Zuchtanlage aus lokalen Pilzarzten und Upcycling-Hanffasern im niederländischen Delft. Er ist zu 100 Prozent natürlich und Green-Leave-zertifiziert. Innen ist er mit einem weichen Moosbett ausgestattet. Er ist in zwei Farbversionen – „Calm“ und „Wild“ – erhältlich, hat sechs Jutegriffe. Der erste lebende Sarg kann bei traditionellen Bestattungen, Naturbestattungen und Einäscherungen zum Einsatz kommen und wird europaweit ausgeliefert. Ein wichtiger Aspekt für Firmengründer Bob Hendrikx ist auch, dass mit dem Cocoon keinerlei Chemikalien in den Boden gelangen und so Umweltbelastungen durch Bestattungen reduziert werden können.
Bilder: Loop Biotech

Urne aus Olivenkernen - Nahrung für den Boden
Oliven gelten als Nahrung für den Boden, die das Pflanzenwachstum fördert. Ein schöner Gedanke in Verbindung mit einer Urne. Dieses Modell wird aus Olivenkernen in Verbindung mit pflanzlichen Materialien hergestellt. Es hat einen Durchmesser von 20 cm und ein Fassungsvermögen von drei Litern. Die Außenhülle des für Asche gedachten Gefäßes ist wetterfest.

Urne mit Meeresmotiven - Individualität zählt
Eine Urne ist als persönliche Gedenkstätte zu sehen, soll sie an einem besonderen Platz aufgestellt werden. Die Designs von Urnen sind variantenreich. Auch wenn die Urne beigesetzt oder die Asche verstreut werden soll, ist die reiche Auswahl eine schöne Möglichkeit, das Gefäß an die Persönlichkeit des Verstorbenen oder die Art der Bestattung anzupassen werden. Dieses biologisch abbaubare Modell ist z. B. auch für Seebestattungen geeignet.

Urne aus Naturfaser - Handgenähte Blütenblätter
Diese Bio-Urne ist umhüllt von handgenähten Blütenblättern aus Seidentaft und Organza, die sich zu einer stilisierten Rose zusammenfinden. Die Dimensionen sind so gewählt, dass alle in Europa geläufigen Aschekapseln darin Platz finden. Jedes der handgefertigten Modelle ist ein Unikat. Sie symbolisiert die Liebe und Wertschätzung für die Person und erinnert gleichzeitig an die Vergänglichkeit des Lebens. Die Urne kann an ihrem integrierten Band in das Grab gesenkt werden und ist für Deutschland, Österreich und die Schweiz zugelassen.

Ascheverstreuer - Für Luftbestattungen
Soll die Asche des oder der Verstorbenen verstreut werden, ist ein solches Gefäß ideal. Wichtig zu sagen ist, dass man sich vorab erkundigen sollte, wo das Verstreuen im Zuge von sogenannten Luftbestattungen erlaubt ist. In Deutschland ist dies nach entsprechenden Gesetzesänderungen in einigen Bundesländern erlaubt. In Österreich ist dies derzeit noch verboten, eine Überführung ins Ausland ist notwendig.
Diese Tube aus Papier ist zu 100 Prozent biologisch abbaubar und kann bedenkenlos vergraben werden, da sie weder Metall- noch Plastikbestandteile enthält.
Buchtipps
Einfühlsame Fachliteratur hilft, sich mit Verlusten und Trauer zu beschäftigen. Sie kann beim Verarbeiten, darüber reden und Hilfe suchen unterstützen.
Zurück ins Leben finden von Sandra Stelzner-Mürköster
Im Gütersloher Verlagshaus sind zwei interessante Publikationen erschienen: Das Buch „Zurück nach Hause finden“ und dazu passende Kraftkarten, die in acht Themenbereiche – Bewusste Atmung, Meditationen und geführte Visualisierungsübungen, Ätherische Öle, Affirmationen, Gedankenübungen, Körperübungen, Sinnesübungen und Seelenübungen – aufgeteilt sind. Die Autorin fand durch den Tod ihres Mannes als plötzlich alleinerziehende Witwe eines sechs Monate alten Babys zu Ihrer Berufung als Trauermentorin und schrieb diesen mutmachenden Ratgeber.
gtvh.de | ISBN 978-3-579-07489-4 I 978-3-579-06149-8

Wimmelbuch vom Abschiednehmen von Sophia Bartenstein und Andrea Peter
Palliativmedizinerin Sophia Bartenstein und Illustratorin Andrea Peter wollen mit dem „Wimmelbuch vom Abschiednehmen“ das Sprechen über den Tod erleichtern. In sechs großformatigen Suchbildern durchleben ihre Figuren Phasen und Rituale der Trauer, erfahren dabei aber auch immer wieder schöne Begegnungen mit ihren Mitmenschen und Momente von Freude, Hoffnung und Trost – und bringen uns so mit unterschiedlichen Themen rund ums Abschiednehmen in Berührung.
vatterundvatter.de | ISBN 978-3-907340-25-7

Sarggeschichten von Sarah Benz und Katrin Trommler
Über die individuelle Gestaltung von Abschieden und Möglichkeiten des selbstbestimmten Abschiednehmens anhand erlebter Beispiele erfahren Menschen in diesem Buch der Bestatterin, Trauerbegleiterin und Notfallseelsorgerin Sarah Benz und Gewandmeisterin, Ausstatterin und Organisatorin Katrin Trommler. Viele wichtige Fragen rund um das Sterben werden einfühlsam erörtert und auch nützliche Informationen sowie klare Handlungsanweisungen, die in Krisensituationen sehr hilfreich sein können, gegeben.
sarggeschichten.de I trauern-und-hoffen.de | ISBN 978-3-442-39403-6
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