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Indoor-Farming: Kreislaufwirtschaft, wir kommen

  • Autorenbild: Michaela Hocek
    Michaela Hocek
  • 15. März
  • 5 Min. Lesezeit

Nutzpflanzen, wie Heilpflanzen, Kräuter, Gewürze und Gemüse können in vielen Teilen der Erde aufgrund klimatischer Verhältnisse nicht bzw. nur einmal im Jahr geerntet werden. Indoor-Farming ist ein Weg, um von energieintensiven Kühlhäusern und langen Transportwegen unabhängig zu werden.

Die steigende Weltbevölkerung, der wachsende Ressourcenbedarf in der konventionellen Landwirtschaft und zunehmende Herausforderungen durch klimatische Veränderungen bewegen viele Betriebe zum Umdenken. Sie investieren in Herstellungsprozesse, die sich auf alternative Produktionsmethoden fokussieren. Vitus Vitality ist eine davon. Ihr zentraler Strategie-Schwerpunkt liegt auf dem Indoor-Farming – einer Methode, die es ermöglicht, Lebensmittel unabhängig von externen klimatischen Bedingungen und mit deutlich geringerem Ressourcenverbrauch anzubauen.


„Indoor-Farming nutzt vertikale Anbaumethoden und innovative Technologien bei denen Pflanzen mit einer minimalen Menge an Wasser gedeihen. Diese Anbauformen können auf kleinem Raum betrieben werden und ermöglichen im Vergleich zur herkömmlichen Landwirtschaft bis zu zehn Mal höhere Ernteerträge pro Quadratmeter.“ erklärt Laurenz Hoffmann, Geschäftsführer von Vitus Vitality. „Durch die Kombination moderner Technik, alternativer Energiegewinnung und einer effizienten Ressourcennutzung – Pilze benötigen für ihr Wachstum bis zu 90 % weniger Wasser, 70 % weniger Land und 60 % weniger Energie als viele andere landwirtschaftliche Produkte – gelingt es uns, im Vergleich zur konventionellen Landwirtschaft deutlich ressourcenschonender zu produzieren. So erzielen wir beispielsweise im Indoor-Farming eine Wasserersparnis von bis zu 90 % und können zudem auf den Einsatz von Pestiziden und Herbiziden durch die geschlossene Umgebung vollständig verzichten.“


Lokale Produktion


Ein weiterer Vorteil von Indoor-Farming ist die Möglichkeit, Lebensmittel durch die Unabhängigkeit von geografischen Gegebenheiten lokal produzieren zu können. Dies reduziert Transportwege und die damit verbundenen CO2-Emissionen erheblich. Produkte wie die Pilze von Vitus Vitality oder auch Salate und Kräuter mit angeschlossener Fischzucht der Aquaponikfarm Solos in Südtirol sind Paradebeispiele, u. a. weil anfallende organische Abfälle bzw. Ausscheidungen wieder als Substrate oder Dünger in den Kreislauf gebracht werden. Das Gute für den Menschen: Dadurch erhöht sich automatisch die Nährstoffdichte und die Produkte besitzen höchste Bio-Qualität, da keine schädlichen Stoffe von außen auf die Pflanzen treffen und keinerlei Pestizide eingesetzt werden. Zudem können Wetterkapriolen keine Ernteausfälle verursachen. Das sind einige der Gründe, warum sich die Experten von Vitus Vitality und Solos sicher sind, dass der Anteil an Indoor-Farming in der Agrarwirtschaft in Zukunft steigen wird.


Skalierbares Aquaponik-System


Im Südtiroler Unternehmen Solos nahe Bozen werden Fischzucht und Gemüseanbau in einem Kreislauf betrieben. Dies geschieht ganzjährig lokal und im Vergleich zu konventionellen Methoden platzsparend. Positiv ist, dass die frischen Salate und Kräuter mit Wurzeln verkauft werden und so zuhause in einem Wasserglas weiterwachsen können. Die Düngung übernehmen die Fische und das Wasser wird auf natürlichem Weg aufbereitet und wiederverwendet.

Bild: SOLOS
Bild: SOLOS

Gesundes Wachstum


Ein weiteres Vorzeigebeispiel ist das Unternehmen PhytonIQ, das sich seit 2017 zum weltweit gefragten Partner der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie etabliert. Das burgenländische Unternehmen setzt auf die Produktion der hochwertigen Nutzpflanze Wasabi. Der Standort wird zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energiequellen bezogen. Der Einbau von Wärmepumpen und die Möglichkeit die Wärme aus den Produktionsräumen, die durch den Einsatz von LED-Beleuchtung entsteht, in anderen Bereichen zu nutzen, führt neben der Möglichkeit einer effizienten Wärmerückgewinnung und flexiblen Frisch- und Umluftsteuerung der Lüftungsanlage zu einem branchenüblich geringen Grundbedarf an Energie. Auch hier spielen die saisonale Unabhängigkeit, Kosten- und Versorgungssicherheit sowie die gleichbleibende Qualität der Pflanzen und Just-in-Time-Lieferungen eine große Rolle. So wachsen die Pflanzen in einem gesunden Umfeld voran.


Rohstoff und Extrakt


Wasabi als Superfood – sowohl in der Nahrungsindustrie als auch im medizinischen und Nahrungsmittelergänzungsbereich – ist bei PhytonIQ tonangebend. Neben dem Geschmack ist Wasabi auch für seine entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung weltweit gefragt. Ein weiterer Vorteil ist die Zero-Waste-Produktion bei PhtonIQ, da alles von der Pflanze verwendet werden kann.

Bild: PhytonIQ
Bild: PhytonIQ


Ab in die Vertikale


Auch bei Hydrofarms in Köln hat man sich dem Indoorfarming verschrieben und hier sprießen unter kontrollierten Bedingungen Kräuter, Gemüse, Zimmer- und Blühpflanzen. Ebenfalls angebaut werden sogenannte Microgreens – von pikantem Senf über würzige Radieschen oder süßer Zuckererbse – komplettieren Suppen, Salate, Hauptgerichte und Smoothies und haben einen hohen Vitamin- und Mineralstoffgehalt. Sie sind für die Vertical Farm in Köln perfekt geeignet. Auch hier ist es gelungen, den Wasserverbrauch um bis zu 90 Prozent zu reduzieren und durch Niedrigwatt-LEDs Energie einzusparen. Gedüngt wird hier mit Kölner Kompost von den Haushalten der Region. Hinter dem Projekt stehen die Brüder Timon und Lukas Scholz, die während ihres Studiums das Konzept Vertical Farming für sich entdeckt haben, und nach und nach Freunde das Team erweitern. Was im Keller der Eltern begann, ist seit 2023 in einer Halle angesiedelt und wurde im vergangenen Jahr sogar mit dem Existenzgründerpreis „Rhein-Erft-Kreis 2023“ ausgezeichnet.


Das international ausgerichtete Forschungs- und Entwicklungsunternehmen PhytonIQ beschäftigt sich mit Hydroponik, Aeroponik und Vliestechniken.
Das international ausgerichtete Forschungs- und Entwicklungsunternehmen PhytonIQ beschäftigt sich mit Hydroponik, Aeroponik und Vliestechniken.

Trend Microgreens


Falls Sie sich selbst als Microgreen-Züchter versuchen möchten: Für Endverbraucher findet sich im Onlineshop von Hydrofarms ein Smart Hydro Growing Kit inklusive Hydroponik Anzuchtset. So kann man auch zuhause Erfahrungen in diesem Metier sammeln. Wer sich des öfteren in zukunftsorientierten Restaurants verköstigt, dem ist vielleicht schon das eine oder andere Mal aufgefallen, dass auch Gastronomen diese Art des Anbaus für Sprossen und Pflücksalate für sich nutzen und kleine Hydoponik-Anlagen in die Architektur integrieren und ihre Gästen so mit superfrischen Speisenakzenten überraschen.


Erfolgreiches Start-up


2020 starteten Timon und Lukas Scholz mit Indoorfarming-Experimenten von Microgreens im Keller ihrer Eltern. 2023 heimste ihr Start-up Hydrofarms seinen ersten Preis ein. Das mittlerweile mehrköpfige Team hat sich auf Vertical Farming spezialisiert und pflanzt nicht nur Agrarprodukte, sondern auch Blüh- und Zimmerpflanzen ressourcenschonend in einer Halle im Süden von Köln an.



Positive Zukunftsaussichten


Ein Aspekt, der ebenfalls beim Indoor-Farming forciert wird, ist der Einsatz von Nützlingen zur Bekämpfung von Schädlingen. So gelingt es, umweltfreundlich ohne Pestizide Vorsorge zu treffen. Das Potenzial der Zucht von Sprösslingen in wässrigen, nährstoffreichen Lösungen anstelle von Erde hat definitiv Potenzial, wie auch Mohieddine Jelali, Direktor des Instituts für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik an der Technischen Hochschule Köln bestätigt: „Vertical Farming ist eine der zukunftsträchtigsten Technologien unserer Zeit.“ Der Wissenschaftler ist in den Bereichen Mechatronik, Regelungstechnik, smarte Automation und künstliche Intelligenz tätig und hat Experimente durchgeführt, die zeigen, dass durch KI-gesteuerte Beleuchtungssysteme weitere Energieeinsparungsmöglichkeiten bestehen.


In unserem Interview mit Laurenz Hoffmann haben wir als letzte Frage, das Thema aufgeworfen, ob und wie es gelingen kann, die gesamte Lebensmittelproduktion auf Kreislaufwirtschaft umzustellen. Seine Einschätzung dazu: „Diese Umstellung erfordert tiefgreifende Veränderungen in Landwirtschaft, Produktion und Konsum sowie die Bereitschaft der Konsumenten, Betriebe und der Politik. Wesentliche Entwicklungsschritte wären die Reduzierung von Lebensmittelverschwendung, regenerative Anbaumethoden, effiziente Ressourcennutzung und die Förderung von Recycling. Auch nachhaltige Verpackungen und optimierte Lieferketten sind zentral, während Technologien wie vertikale Landwirtschaft helfen können, diesen Wandel zu unterstützen. Die Umstellung auf Kreislaufwirtschaft kann, je nach Betrieb, zwischen einem und zehn Jahren dauern. Kleine Maßnahmen wie Abfallreduzierung und Recycling lassen sich oft schon in ein bis drei Jahren umsetzen.“



Bild: VITUS VITALITY
Bild: VITUS VITALITY

Zukunft Indoorfarming


„Insgesamt wird Indoor-Farming vermutlich nicht die traditionelle Landwirtschaft vollständig ersetzen, aber es wird in Kombination mit anderen nachhaltigen Anbaumethoden eine wichtige Rolle in der zukünftigen Nahrungsmittelproduktion spielen – insbesondere in städtischen Gebieten und Regionen mit ungünstigen klimatischen Bedingungen.“, sagt Laurenz Hoffmann, Geschäftsführer von Vitus Vitality im Interview.



Neben den Tiefkühl-Bio-Knödeln mit Pilzfüllung und Burger-Patties bereichern frische sowie Trockenpilze das Sortiment von Vitus Vitality. Die Pilze wachsen im niederösterreichischen Perschling auf Holzspänen. (Bilder: VITUS VITALITY | Stephanie Trerner)


 
 
 

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