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"Domitila Barros: Greenfluencerin, Sozialunternehmerin und MissGermany 2022"

Domitila Barros - Greenfluencerin, Sozialunternehmerin und Miss Germany 2022 über ihre Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft und warum wir alle dankbarer sein sollten.



Foto: Domitila Barros by Ariel Oscar Greith

Domitila Barros

ist Greenfluencerin, Social Entrepreneurin und Miss Germany 2022. Die 38-Jährige stammt aus einer Favela in Brasilien und unterstützt dort auch heute noch das Straßenkinderprojekt, in dem auch sie aufwuchs. Schon früh begann sie sich demnach für soziale Projekte einzusetzen und entwickelte daraus ihr Engagement für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit.


Es ist seit jeher das Ziel von Domitila, zu einer globalen und nachhaltigen Entwicklung beizutragen, die wirkungsvoll ist und einen echten Unterschied macht. Dieses Engagement, sowie ihre Glaubwürdigkeit brachten ihr im Jahr 2000 die Auszeichnung „Millennium Dreamer Award“ der UNESCO. Mit ihrer konsequenten Arbeit als Greenfluencerin seit dem Jahr 2000, ist Domitila eine Pionierin und solide Referenz auf dem Markt der Nachhaltigkeit.


„ICH GLAUBE DARAN, DASS EINE SHARED ECONOMY DIE ZUKUNFT IST.“

Es ist kein großes Geheimnis, dass ich Secondhand-Kleidung liebe, kein Auto besitze und ein großer Fan der Kreislaufwirtschaft bin. Für mich bedeutet Kreislaufwirtschaft ein System, dass sich vom Ökosystem der Natur inspirieren lässt. Zwei große Worte sind hierbei vor allem Resilienz und Langlebigkeit, die für mich auch zwei große Eckpfeiler der Nachhaltigkeit sind. Mir geht es hier vor allem darum, in hochwertige und langlebige Produkte zu investieren. Weniger kaufen und bei Konsumentscheidungen, bewusst nachhaltige und klimaneutrale Alternativen zu wählen, wie

z. B. wiederverwendbare Produkte.


Ich glaube daran, dass eine Shared Economy die Zukunft ist und, dass wir uns als Gesellschaft langfristig gesehen daraufhin bewegen. So sehen wir bereits in einigen Industrien innovative Angebote, wie Co-working, Co-living, Co-owning und interessante Sharing Ansätze. Hier in Berlin merke ich, wie die Nachfrage danach zunehmend wächst. Immer mehr Unternehmen und Geschäftsmodelle reagieren darauf, verändern sich und engagieren sich für ein solches Modell.

Die Definition einer Shared Economy besteht darin, die vorhandenen Güter zu teilen. Dabei geht es um materielle, genauso wie intellektuelle Ressourcen. Damit unsere Gesellschaft im 21. Jahrhundert funktionieren kann, brauchen wir Visionäre, neue und einzigartige Kombinationen von Kenntnissen und Fähigkeiten. Nur so können wir, als sich verändernde Gesellschaft, passende und zukunftsfähige Ansätze für aktuelle und zukünftige Fragen finden. Der aktuelle Status quo ist keine hilfreiche Antwort auf die wichtigen Fragen unserer Zeit.

Wenn ich über zukunftsfähige Ansätze spreche, meine ich damit auch eine sich verändernde Arbeitswelt. Es wäre zu einseitig und nicht vollkommen nachhaltig gedacht, wenn wir lediglich materielle Ressourcen und Systeme anpassen. Deswegen bedeutet Nachhaltigkeit für mich auch das Anpassen der Arbeitswelt, vor allem von Personal. Inklusion und Diversität spielen dabei eine wichtige Rolle. Ich setze mich hier vor allem für die Stärkung der Frau in der Arbeitswelt und in Führungspositionen ein. Auch die Inklusion von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderung sind meiner Meinung nach eine brennende Notwendigkeit für eine zukunftsfähige Gesellschaft.


Die UN-Frauenorganisation sagt, die Zukunft sähe besser aus, wenn Frauen an Entscheidungsfindungen beteiligt wären. Frauen verbinden oft traditionelles Wissen und Fähigkeiten mit den nun so oft gebrauchten „Soft Skills“, die sich letztendlich als gar nicht so soft, sondern als wichtiger Bestandteil modernen Managements herausgestellt haben.


„ICH APPELLIERE AN ALLE, DANKBAR ZU SEIN.“

Ich wünsche mir für das kommende Jahr noch mehr Zeit mit „Mutter Erde“ zu verbringen und mich immer daran zu erinnern, wie klein ich doch neben ihrer endlosen Schönheit und Liebe bin. Ich bin ein sehr spiritueller Mensch und richte mein Leben auf eine höhere Wirklichkeit aus. Ich mache mir zunehmend bewusst, dass hinter allem eine höhere spirituelle Kraft ist. 2023 möchte ich noch mehr Glück darin finden, anderen zu helfen. Ich möchte Menschen zuhören und für sie da sein. Ich möchte die Freude am Leben spüren, losgelöst von Besitz und Reichtum. Ich appelliere an alle, dankbar zu sein und die Fähigkeit zu entwickeln, sich mit anderen zu freuen und das Glück anderer zu teilen.


Als Sozialunternehmerin lebe ich meine persönlichen Vorsätze durch mein Business aus. So gründete ich „She is from the Jungle“ mit dem Wunsch und Ziel, alleinerziehenden Müttern und Frauen in meiner Heimat Brasilien eine Einkommensquelle zu ermöglichen und sie wirtschaftlich zu integrieren. Neben der Vision Frauen zu unterstützen, setze ich dabei auf faire Handelsbedingungen, Nachhaltigkeit und Vielfalt.

Foto: Domitila Barros

Mir ist es schon immer wichtig, die essenziellen Themen unserer Zeit aufzugreifen, mit dem Ziel, die Welt ein bisschen besser zu machen. Das Ziel werde ich 2023 weiterverfolgen. Als Unternehmerin frage ich mich oft, was der wahre Preis dafür ist, Unternehmerin zu sein. Ich habe in meiner Heimat Zustände gesehen und erfahren, die nicht mehr zumutbar sind. Sei es die unvorstellbare Masse an Müll und Elektroschrott, giftige Abgase oder aber Hungerlöhne. All dies sind Folgen, die durch rücksichtsloses Handeln und Wirtschaften für unschuldige Menschen entstehen. Da ich diese Umstände erlebt habe, stelle ich heute sicher, dass mein Unternehmertum fair, ökologisch und nachhaltig ist. Könnte ich das nicht gewährleisten, wäre ich keine Unternehmerin.

Mein Business noch fairer und ethischer zu gestalten und noch weitere Projekte anzugehen, um noch nachhaltiger zu handeln, zählt zu meinen größten Vorsätzen für 2023. Bei dieser Arbeit fokussiere ich mich seither stark auf die Rolle der Frau. Die soziale und finanzielle Integration der Frauen steht für mich im Mittelpunkt meiner Arbeit. Meine Erfahrungen, meine Wurzeln und frühes soziales Engagement inspirierten mich, in Brasilien Sozialarbeit zu studieren. Der Wunsch, „mehr zu tun“, blieb bestehen. Durch die enge Bindung zu meiner Herkunft und dem Wunsch, etwas an diese zurückzugeben, führten mich schließlich in die soziale Unternehmerschaft. Ich habe die Schmuckmarke „She is from the jungle“ kreiert und kam damit meinem Ziel, Frauen gezielt zu fördern und meiner Heimat etwas zurückzugeben, ein Stück näher. Gemeinsam stelle ich mit den Frauen aus meiner Heimat nachhaltige und faire Produkte her. Einige dieser Frauen sind alleinerziehende Mütter, die ihre Männer durch Gewalt und Kriminalität verloren haben, und bei mir nun faire und vor allem wertschätzende Arbeit finden. Meine handgefertigte Bademode und der Bio-Schmuck bieten ihnen nun die Möglichkeit, unabhängig von zu Hause aus arbeiten zu können und ein eigenes Einkommen zu erzielen. Das wiederum ermöglicht ihren Kindern die Schuldbildung und wir können den Kreislauf der Armut durchbrechen. Das schenkt der Gesellschaft Hoffnung und vor allem den Mut an eine bessere Zukunft zu glauben. Mit der Gründung der Fairfashion-Linie verfolge ich den Ansatz, Frauen in die Arbeitswelt zu integrieren. Das zählt zu meiner Hauptmotivation.


„KINDER SIND UNSERE ZUKUNFT UND GENAU HIER SOLLTEN WIR BEGINNEN.“

Ich bin Unternehmerin, allerdings kennen mich die Menschen auch als Greenfluencerin, Social Entrepreneurin und Impulsgeberin. Schon vor Social Media erreichte ich als Referentin der europäischen Akademie, durch Vorträge an deutschen Universitäten, Schulen, Kongressen und in diversen Pressekampagnen, Menschen, um auf nachhaltiges Handeln und soziale Gerechtigkeit aufmerksam zu machen.


Ich war Teil einer Kampagne, die darauf abzielte, wichtige Persönlichkeiten zu porträtieren, die einen wirkungsvollen Wandel bewirken und Deutschland als Land und Gesellschaft innovativ gestalten. Ich wurde unter zehn deutschen Change Makern vorgestellt, darunter auch die Biontech-Gründerin Özlem Türeci. Das renommierte Flow Magazin zeichnete mich, in einer speziellen Ausgabe zum Thema Veränderung, zusätzlich als aktive Treiberin von Wandel, aus.Diese Narrative von Wandel und Veränderung trage ich auch als Referentin weiter. So wurde ich im Jahr 2022 vom Rat für nachhaltige Wirtschaft als Referentin zum Thema nachhaltiges Unternehmertum, zu der Green Voices Conference 2022 in Berlin eingeladen. Im September durfte ich auf dem größten Digitalisierung-Event Europas über die Herausforderungen unserer Zeit im Bereich Nachhaltigkeit und Digitalisierung sprechen.

Foto: Domitila Barros by Ariel Oscar Greith

Als Unternehmerin möchte ich nicht nur die Frauen in der Gemeinschaft stärken, sondern auch die zahlreichen Kinder. Wie schon erwähnt sind Kinder unsere Zukunft und genau hier sollten wir beginnen. So gehen zehn Prozent des Gewinns der Einnahmen von „She is from the jungle“ an das Straßenkinderprojekt CAMM, in dem ich aufgewachsen bin und welches meine Eltern vor knapp 40 Jahren gründeten.


Kurz zu CAMM: Das Straßenkinderprojekt ist eine Non-Profit Zivilgesellschaft und wurde von meinen Eltern am 17. September 1984 in der brasilianischen Gemeinschaft „Linha do Tiro“ – zu deutsch – „Schusslinie“ gegründet. Als ich geboren wurde, waren schon 39 Kinder bei uns zu Hause. Das ist meine Realität. Drohte es mal knapp zu werden, beruhigte mich meine Mutter mit den Worten: „Es wird schon reichen, dann geben wir einfach ein bisschen mehr Wasser zu den Bohnen.“


Die Gemeinschaft befindet sich in dem Armenviertel Casa Amarela, in dem ca. 400.000 Menschen leben. Zwei Drittel davon in großer Armut. Die Gründung von CAMM war das Ergebnis der Beobachtung von Kindern und Jugendlichen, die obdachlos lebten, betteln mussten und von der Gesellschaft ausgenutzt wurden. Meine Eltern beobachteten diese Situation psycho-sozialer Verwundbarkeit, die durch die Herkunft und Lebensumstände der Kinder entstanden sind und entschieden sich dafür, eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.


Durch die prekären Lebensumstände der Menschen vor Ort sind ein Mangel an Liebe und Fürsorge für viele Kinder eine alltägliche Erfahrung. Eltern, die selbst ohne jegliche Bildung aufwachsen mussten, können ihren Kindern keine angemessene Stütze sein. In diesem Umfeld von Armut und Gleichgültigkeit gedeihen Drogenhandel, sexuelle Gewalt und Bandenkriminalität. Das Leben der Kinder und Jugendlichen ist unter anderem davon bedroht. CAMM bietet Kindern und Jugendlichen warme Mahlzeiten, eine künstlerische Freizeitgestaltung sowie den Zugang zu Bildung. All diese Komponenten holen die Kinder von der Straße und leiten sie in einen angenehmeren Lebensweg. CAMM konnte in den letzten 40 Jahren über 5000 Kinder und Jugendliche betreuen – aktuell sind es circa 70 Kinder.


CAMM ist neben vielen weiteren sozialen Projekten eines, welches ich voller Leidenschaft und Hingabe unterstütze. Eine ähnliche Wichtigkeit hat für mich Arbeit, die vor allem fair für Mensch und Klima ist. Diesen Sommer habe ich als Markenbotschafterin einen eigenen Eistee gelauncht. Dieser ist aus fair gehandelten Zutaten, aus biologischem Anbau und damit absolut klimapositiv. Pro verkaufte Flasche werden 5 Cent an den gemeinnützigen Verein GermanZero gespendet, der sich für ein klimaneutrales Deutschland bis 2035 und für die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad einsetzt. Der Eistee gleicht doppelt so viel CO2 aus, wie bei der Produktion anfällt.


Zielsetzung von CAMM

Das Hauptziel von CAMM ist es, kulturelle Aktivitäten zu entwickeln, die die familiären, gemeinschaftlichen Beziehungen stärken, und einen Zugang zu Schulbildung zu gewährleisten. Die Berücksichtigung der Kinderrechte soll außerdem gefördert und verteidigt werden.


Domitila unterstützt CAMM regelmäßig und stellt sicher, dass ihre Projekte das CAMM mit einbeziehen, um so eine fortlaufende Unterstützung zu gewährleisten.


Von Deutschland aus arbeitet Domitila vor allem im Bereich Aufklärung und Bewusstseinsschaffung für die soziale Ungerechtigkeit und leistet so wertvolle Öffentlichkeitsarbeit, um das CAMM weiterhin am Leben zu erhalten


//Text: Domitila Barros //

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