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Würde und Nachhaltigkeit

  • Autorenbild: Lisa Gutzelnig
    Lisa Gutzelnig
  • 18. März
  • 4 Min. Lesezeit

Würde ist ein großer Begriff. Gleich in Artikel 1 des Grundgesetzes heißt es: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Doch was genau ist Würde?


Was bedeutet es, wenn uns unsere Würde genommen wird, weil wir etwa in der digitalen Welt nur noch als Datensatz zählen oder im Netz geschmäht werden? Wenn wir uns selbst würdelos verhalten oder andere entwürdigen? Der Hirnforscher Gerald Hüther zeigt in seinem Buch „Würde. Was uns stark macht – als Einzelne und als Gesellschaft“ auf, dass darin nicht nur ein ethisch-philosophisches Menschenrecht begründet ist, sondern ein neurobiologisch fundierter innerer Kompass, der uns in die Lage versetzt, uns in der Vielfalt der äußeren Anforderungen und Zwänge in der hochkomplexen Welt nicht zu verlieren. Umso wichtiger ist es, dass wir lernen, die Wahrnehmung der eigenen Würde zu stärken. Denn: Wer sich seiner Würde bewusst ist, ist nicht verführbar.


Tief verwurzelt



Infos: Gerald Hüther, Verlag: Pantheon | ISBN 978-3-570-55393-0
Infos: Gerald Hüther, Verlag: Pantheon | ISBN 978-3-570-55393-0

Mit seinen Ausführungen macht Hüther klar, dass die Vorstellung der eigenen Würde tief verwurzelt und eingebettet in die innere Überzeugung von dem ist, „was uns als Menschen auszeichnet und worin unser eigentliches Menschsein im eigenen Handeln zum Ausdruck kommt.“ Er zeigt, dass die Würde des Menschen nur dann unantastbar ist, wenn sich Menschen dessen auch bewusst geworden sind. Die Vorstellung von der Würde eines jeden Menschen ist für ihn die entscheidende Voraussetzung für den Aufbau und den Fortbestand jeder demokratischen Gesellschaft und Interessant dabei ist, dass Würde eine subjektive Vorstellung ist, die sich sehr wohl unterscheidet von all den sogenannten objektiven Konstrukten, die mehr oder weniger stark kulturell und gesellschaftlich geprägt sind. Dazu passen Begriffe wie Stolz, Ehre, Anstand oder auch Moral und Ethik. Davon ist die menschliche Würde deutlich zu unterscheiden.

Bedeutung in der Gegenwart


Das Ausmaß von kurzfristigen Lösungen, der von uns selbst erzeugten langfristigen Probleme, sehen wir jetzt, im Jahr 2025. Es ist unübersehbar und so selbstzerstörerisch geworden, dass uns nun nichts anderes übrig oder zumindest zu wünschen bleibt, als unsere Aktivitäten künftig an Vorstellungen zu orientieren, die das Leben und das Zusammenleben von Menschen langfristig und nachhaltig erfreulicher machen. Da wir jedoch immer erst am eigenen Leib und auf globaler Ebene erfahren müssen, welche Gefahren mit dieser Kurzsichtigkeit verbunden sind, braucht es sehr viel Zeit, bis wir ernsthaft beginnen, unsere Komfortzone zu verlassen und unser Verhalten zu ändern.


Erwerb von Grundüberzeugungen


Hüther erklärt, dass die Haltung das Verhalten bestimmt. Man erwirbt diese tief liegenden Grundüberzeugungen nur durch Erfahrungen, die unter die Haut gehen. Oft werden sie einfach auch nur von wichtigen Bezugspersonen übernommen. Sie bestehen immer aus einem emotionalen und einem kognitiven Anteil und werden im Hirn als Metaerfahrungen in Form aneinander gekoppelter emotionaler Netzwerke verankert.


Achtsamkeit beispielsweise ist eine sehr günstige Haltung. Wir brauchen diese Haltung, um die Folgen des eigenen Verhaltens im Blick zu bewahren. Achtsamkeit bedeutet, bei allem Streben nach Selbstverwirklichung, darauf zu achten, den Anderen und das Ganze zu berücksichtigen – oder wie Hüther es beschreibt, „sich selbst verwirklichen, ohne den Anderen zu verwirken“. Achtsamkeit bedeutet aber auch, dass man auf seine inneren Körperempfindungen achtet und dadurch im Jetzt besser merkt, wie man selbst funktioniert.


Betrachtung im Business-Kontext


Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist en vogue, jedoch unscharf definiert. Somit ist der Titel „Nachhaltigkeitsmanager:in“ auch wenig konkret, denn er bedeutet laut Hüther nichts weiter, als dass man dafür sorgt, dass etwas so bleiben kann, wie es ist. So kann es auch einem Waffenproduzenten daran gelegen sein, nachhaltig zu produzieren. Es ist ein irreführender Begriff, weil er von jedem als Rechtfertigung für sein gegenwärtiges und künftiges Tun benutzt werden kann. Dem Begriff fehlt sozusagen die inhaltliche Komponente, die deutlich macht, dass es um die Nachhaltigkeit menschlicher Existenz auf diesem Planeten geht. Um das Überleben und um die Fähigkeit, Potenziale zu entfalten im Einklang mit der Vielfalt des Lebendigen. Gibt es eine alternative Begrifflichkeit? Es müsste ein Wort oder eine Umschreibung sein, die auch die Herzen der Menschen berührt. Es geht dabei um einen liebevollen Umgang mit uns selbst und mit unserem Planeten. Stellen Sie sich einmal vor, ein:e Nachhaltigkeitsmanager:in müsste sich in diesem Sinne selbst definieren. Das wäre plötzlich eine ganz andere Aufgabenstellung, als die Dinge so zu managen, dass das Geschäft so weitergehen kann wie bislang.


Konsequenter Wandel


Wird Nachhaltigkeit also als Achtung der Würde des Menschen und Bewahrung der Umwelt verstanden, stimmt die Perspektive. Denn von dieser Warte her gedacht, können wir Nachhaltigkeit bzw. einen nachhaltigen Zustand der Welt als einen Zustand beschreiben, in dem zweierlei realisiert wird: Zum einen die Achtung der Würde des Menschen, daraus abgeleitet die Realisierung des Schutzes der Menschenrechte, von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, zum anderen die Bewahrung der Umwelt durch die Realisierung einer vollkommenen Kreislaufwirtschaft auf der Basis regenerativer Energieerzeugung. Beides gehört zusammen. Beides bildet die zwei Seiten derselben Medaille.



Warum ist das Bewusstsein unserer eigenen Würde so wichtig? Und was hat das mit Nachhaltigkeit zu tun?


Um unsere eigenen Würde unantastbar zu machen, müssen wir sie schützen können, wenn jemand versucht, sie zu verletzen. Dazu braucht der Mensch eine Vorstellung, was diese eigene Würde eigentlich ausmacht. Sie ist also ein zentraler Bestandteil unseres Selbstbildes und hilft uns, uns an dem zu orientieren, was für ein Mensch wir sein möchten. Sie ist wie ein innerer Kompass, der uns Orientierung bietet, damit wir uns bei unserer Lebensgestaltung nicht verirren.

 
 
 

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